Die Enkelin (detebe)

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Enkelin (detebe)' von Bernhard Schlink
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5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Enkelin (detebe)"

Birgit ist zu Kaspar in den Westen geflohen, für die Liebe und die Freiheit. Erst nach ihrem Tod entdeckt er, welchen Preis sie dafür bezahlt hat. Er spürt ihrem Geheimnis nach, begegnet im Osten den Menschen, die für sie zählten, erlebt ihre Bedrückung und ihren Eigensinn. Seine Suche führt ihn zu einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land – und zu einem jungen Mädchen, das in ihm den Großvater und in dem er die Enkelin sieht. Ihre Welten könnten nicht fremder sein. Er ringt um sie.

Format:Taschenbuch
Seiten:368
Verlag: Diogenes
EAN:9783257247121

Rezensionen zu "Die Enkelin (detebe)"

  1. 5
    07. Apr 2024 

    Vom Suchen und Finden, vom Lieben und Loslassen

    Dieses Buch hat mich überrascht. Zweimal hab ich es in der Buchhandlung liegen lassen. Beim dritten Mal habe ich die ersten paar Seiten gelesen und es sofort gekauft. Von der ersten Zeile an gefesselt habe ich das Buch relativ schnell durchgelesen und es hat mir - bis auf einige kleine Punkte - wirklich gut gefallen.

    Zum Inhalt: Kaspar und Birgit leben gemeinsam kinderlos in ihren Siebzigern in Berlin. Er führt ihre gemeinsame Buchhandlung, sie schreibt zu Hause und lebt in erster Linie vom Alkohol. Tragischerweise stirbt Birgit alkoholbedingt und lässt Kaspar vereinsamt zurück. Er durchforstet ihren schriftstellerischen Nachlass und stößt so auf ihr unveröffentlichtes Manuskript. Denn einst ist Birgit zu Kaspar in den Westen geflohen und hat dabei nicht nur ihre Familie, sondern auch ihre Tochter im Osten zurückgelassen. Auch wenn sie es zu ihren Lebzeiten nicht in die Tat umsetzen konnte, so wollte sie doch ihre Tochter finden und sich "ihr anbieten". Da sie das nun nicht mehr tun konnte, macht sich Kaspar, der von der Vergangenheit seiner Frau keine Ahnung hatte, auf die Suche nach der Tochter und findet sie auch, in einer völkischen Siedlung, zusammen mit ihrer Familie. Hier lernt er die Tochter Svenja und wiederrum deren Tochter Sigrun kennen. Dort in dieser kleinen, abgeschotteten Gemeinschaft prallen Welten aufeinander und doch will er sie kennenlernen und Teil von Svenja und Sigruns Leben werden.

    Wie bereits anfangs geschrieben hat mich das Buch gefesselt. Die Sprache, mit der der Autor die Phantasie anregt und Bilder heraufbeschwört, ist bildhaft und deskriptiv ohne zu verkünstelt oder zu verschachtelt zu sein. Die Aufarbeitung der deutschen Geschichte anhand Birgits, Kaspars und Svenjas Leben trägt Geschichte. Dabei ist Birgits Geschichte am intensivsten ausgearbeitet.

    Nachdem Kaspar Svenja und ihre Familie gefunden hat, muss er sich mit nationalistischem-völkischem Gedankengut auseinandersetzen. Da er aber unbedingt Kontakt zu Birgits Enkelin Sigrun halten möchte, sieht er sich auch mit den Wertvorstellungen und nationalistischen Gedankengut der 14-jährigen konfrontiert. Kaspar muss eine Gradwanderung bestehen - Sigrun von den "schlechten" Werten abbringen ohne sie dabei zu verlieren.

    Sein Vorgehen hierbei ist einer meiner Kritikpunkte: Mit den Eltern verhandelt er ein Besuchsrecht Sigruns bei ihm für eine Woche in den Ferien, im Gegenzug bekommen die Eltern einen Teil der Erbschaft, natürlich für Sigrun. Die Eltern stimmen diesem Arrangement bereits nach dem ersten Treffen mit Kaspar zu! Ich denke, das hätte man etwas ausweiten können und ein paar mehr Treffen einflechten können. Somit wäre das Arrangement, bei dem die liebenden Eltern ihre einzige Tochter an einen ihnen unbekannten Mann für eine ganze Woche abgeben, glaubhafter geworden. Mein zweiter Kritikpunkt ist, dass Sigrun sich nicht gerade altersadäquat verhält. Zunächst wirkt sie zu jung in ihrer Konversation mit Kaspar, als es ihre beschriebenen 14 Jahre hergeben. Ich hätte mehr Teenagerrebellion und mehr Konflikt mit dem ihr völlig fremden Mann, wenn auch "neuen Großvater", erwartet. Später zeigt sie jedoch einen Intelekt, den man wiederum erst bei älteren Jugendlichen erwarten würde. Auch hier hätten ein paar mehr Zeilen und Kapitel gut getan, um Sigruns Charakter auszuloten.

    Dennoch möchte ich in meinem Fazit sagen,. dass mich das Buch gefesselt hat und mir wieder Freude auf Literatur geschenkt hat. Ich hätte noch viele Seiten weiter lesen mögen und kann das Buch definitiv empfehlen!